Offener Brief
zu Veranstaltungen im Haus der Architekten
An den Präsidenten der Architektenkammer B-W
Herrn Dipl. Ing. Wolfgang Riehle
An den Landesvorstand der
Architektenkammer B-W
An die fünf Kammergruppenvorsitzenden
des Kammerbezirks Stuttgart
Danneckerstraße 54
70182 Stuttgart
15. März 2011
Offener Brief zu
Veranstaltungen im Haus der Architekten
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren des Landesvorstandes,
sehr geehrte Vorsitzende der fünf Kammergruppen des Bezirks Stuttgart,
wir – die Mitglieder der Initiative ‚ArchitektInnen für K21‘ - sind zutiefst beunruhigt und entsetzt, wie im Hause unserer Standesvertretung bei jüngsten Veranstaltungen mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit der Kolleginnen + Kollegen und mit Gästen umgegangen wurde und wollen dies an zwei besonders einschneidenden Beispielen festmachen.
Zum 19. Januar dieses Jahres hatte die Kammer zu einer Podiumsdiskussion zur Landtagswahl 2011 mit Abgeordneten der antretenden Parteien in das Haus der Architekten eingeladen. Nachdem die Anmeldung sehr dünn ausgefallen war, wurde eine größere Anzahl von engagierten Kolleginnen + Kollegen noch einmal persönlich angeschrieben, sich doch bitte an dieser wichtigen Veranstaltung zu beteiligen und die Gelegenheit wahrzunehmen, „… die zuständigen Parlamentarier mit den Anliegen der Architektinnen + Architekten … zu konfrontieren“. Einige berufspolitisch interessierte Architekten + Architektinnen sind gekommen, allerdings nicht, um sich ausschließlich die stereotypen vorbereiteten Antworten der Beteiligten auf die kammerseitig vorformulierten „Wahlprüfsteine“ anzuhören, sondern auch, um von den Kandidaten der verschiedenen Parteien ihre Einstellung zu wichtigen städtebaulichen + landschaftsplanerischen Themen des Landes zu erfahren und darüber zu diskutieren.
Zur Enttäuschung und Verärgerung der Anwesenden fand allerdings diesmal die traditionell seit Jahren praktizierte Einbeziehung des Plenums – trotz aufgestellter Mikrofone – nicht statt. Eine demokratische Auseinandersetzung und ein Vergleich unterschiedlicher Standpunkte wurde somit verhindert und damit die anwesenden Architektinnen + Architekten als saalfüllende Statisten abgewertet.
Beim anschließenden ‚gemütlichen Ausklang‘ konfrontierten einige Teilnehmerinnen den Präsidenten und den Moderator mit ihrem Unmut über den Verlauf des Abends und die Missachtung des Plenums, ohne jedoch schlüssige Antworten zu der undemokratischen Vorgehensweise zu erhalten.
Noch gravierendere Verletzungen demokratischer Grundrechte haben sich am 14. Februar im Vorfeld der Veranstaltung „Z 21 – zukunftsfähige Stadtentwicklung“ im ‚Haus der Architekten‘ zugetragen und dem Image unseres freien Berufsstandes in der Öffentlichkeit massiven Schaden zugefügt:
Vor Einlass in den Vortragsaal wurden Kammermitglieder und Gäste durch Security-Beauftragte am freien Zugang gehindert. Sie wurden veranlasst, ihre K21-Buttons abzunehmen, es wurden nach Aussage von mehreren Teilnehmenden mitgebrachte Taschen durchsucht und manchen Gästen sogar der Einlass verwehrt.
Erst nach massiver öffentlicher Kritik über das Saalmikrofon durch einen Professor der Hochschule für Technik (die das Konzept für die Veranstaltungen mitentwickelt hat) wurde der Spuk eingestellt.
Anstatt die unserem Berufsstand wohl anstehende Meinungsvielfalt zu fördern – die Grundlage jeder freien Gesellschaft ist – wird durch derartige Vorab-Selektion und Zugangskontrollen in unakzeptabler und empörender Weise an unfreie Gesellschaftsformen erinnert – so etwas kann und darf nicht sein.
Sie, sehr geehrtes Präsidium unserer Kammer, wurden bei den Wahlen im letzten Herbst durch die LVV in Ihren Ämtern bestätigt bzw. neu gewählt. Diese Landesvertreterversammlung wurde zuvor jedoch von lediglich 21,6% der eingetragenen Kammermitglieder gewählt, das entspricht nur einem Fünftel der wahlberechtigten Architektinnen + Architekten.
Hieraus leiten Sie fälschlicherweise die Legitimation ab, im Namen aller rund 23.000 eingetragenen Mitglieder in B-W zu sprechen, wenn Sie sich nach außen einseitig für Stuttgart-21 stark machen und dies als die generelle Meinung der Architektenschaft zum Thema kommunizieren.
Dass dies nun noch in einer Art „Maulkorberlass“ in unserem ‚Haus der Architekten‘ gipfelt, ist skandalös und imageschädigend für den gesamten Berufsstand.
Wir fordern Sie daher auf, aufs Dringendste dafür Sorge zu tragen, dass eine derartige Vorgehensweise sich nicht wiederholt und unser Haus wieder für offenen Austausch und Meinungsvielfalt steht.
Die ‚ArchitektInnen für K21‘ haben zwischenzeitlich im größten Saal des Rathauses zwei Vortragsabende mit anschließender Diskussion zum Thema „K21 – Kopfbahnhof der Zukunft“ veranstaltet. In deren Verlauf wurden alternative Ideen und Visionen dargestellt, die das Kulturdenkmal Bonatzbau erhalten, unseren heute schon gut funktionierenden Bahnhof für die Zukunft weiter ertüchtigen und einen dem demografischen Wandel angemessenen Städtebau nebst einer klimatisch wirksamen Parkerweiterung aufzeigen.
Der riesengroße Andrang und die wachen Fragen eines interessierten Publikums haben uns bestätigt und gezeigt, wie wichtig es für die Bevölkerung unserer Stadt ist, von Fachleuten ohne Parteienhintergrund alternative Lösungen zu hören und darüber zu diskutieren.
Ebenso gut besucht und interessiert aufgenommen wird unsere am 25. Februar eröffnete Ausstellung im Württembergischen Kunstverein „K21 – unsere Zukunft in 12 Bildern“.
Hier gäbe es für Sie eine gute Gelegenheit bei der Lesung der Autorin Stefanie Wider-Groth am Mittwoch, dem 16.03. um 18.00 Uhr einen Einblick in deren neuen Roman „Schlossgartensterben“ und in unsere Ausstellung zu bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Arbeitskreis ‚ArchitektInnen für K21‘
www.architektinnen-fuer-k21.de
i. V. Dipl. Ing. Kurt Kühfuß
Sprecher des Arbeitskreises
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