Offener Brief an
den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg

28.07.2011

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

die engagierten Bürger von Stuttgart sind in großer Sorge um ihre Stadt und ihr Land. Wir bitten Sie dringend als unser Ministerpräsident einzugreifen und den drohenden Schaden abzuwenden.

Das Projekt S 21 bietet vom Verdacht des strafrechtlich relevanten Subventionsbetrugs bis zu mehreren fachlich ungeklärten Situationen, z.B. des notwendigen und gesetzlich vorgeschriebenen Brandschutzes, so viele Ungereimtheiten, Ungeklärtes, Ungeplantes, Ungenehmigtes und Strittiges, dass schon der Amtseid des Ministerpräsidenten und seiner Minister -"..... jeglichen Schaden vom Land und seiner Bürger abzuwenden" - verbietet, dieses Projekt der Bahn sich weiter "entwickeln" zu lassen.

Deshalb bitten wir Sie als unseren gewählten Ministerpräsidenten unter Hinweis auf Ihren Amtseid und zum Beweis Ihrer Glaubwürdigkeit und Unbestechlichkeit folgende Schritte bis spätestens Freitag Vormittag zu vollziehen:

1. Auch dem Regierungspartner Nils Schmid die Erfüllung seines Amtseides abzuverlangen und ihm und der SPD mindestens eine "Klärungsphase" (nicht Baustopp) zur Klärung dieser Vorwürfe und aller Ungereimtheiten abzuverlangen.
Der Ministerpräsident müsste dabei ganz bewusst das Risiko eingehen, dass die SPD nicht mitzieht - aber besser ein Eklat unter diesem Stern, als ein Scheitern wegen falscher Nachgiebigkeit. Das Risiko dafür dürfte aber ebenfalls gering sein, da auch die SPD an Amtseide gebunden ist.

2. Weiterhin halten wir es für erforderlich, dass Herr Grube unverzüglich und vor Beginn der Stresstestpräsentation über diese, von der Regierung verordnete, "Klärungsphase" in Kenntnis gesetzt wird.
Dazu gibt es unseres Erachtens zwei Möglichkeiten:
Herr Grube kann zur "Gesichtswahrung" diese Phase (bedeutet de facto die Einstellung ALLER Tätigkeiten am Projekt) selbst bekannt geben - oder sie wird von Kretschmann der Bahn verordnet und Herr Grube kann dann, falls er sich überhaupt traut, die Gerichte zur Durchsetzung seiner vermeintlichen Rechte anrufen.

Dieses Risiko für die Landesregierung erscheint dabei als sehr gering, da Herr Grube und die Bahn aufgrund der inzwischen vorhandenen Beweislage keinen "Harakiri" in jahrelangen Gerichtsverfahren begehen werden. Außerdem sind die Akteure der Bahn wegen des geltenden AG Rechts erheblichen persönlichen Haftungsverfahren und der Verurteilung wegen naheliegendem "Subventionsbetrug" ausgesetzt.

2a) Vielleicht können Sie als Ministerpräsident oder Ihr Finanzminister auch einen totalen Ausgabestopp für S 21 verfügen? auch das wäre eine Maßnahme unter Berufung auf den Amtseid.

3. Für den kommenden Freitag erhoffen wir uns, dass Sie als Ministerpräsident die Präsentation des Stresstests Herrn Geißler verbindlich freundlich, aber bestimmt aus der Hand nehmen.

Begründung:
Der Stresstest ist nur eine der Bedingungen der Faktenschlichtung.

Der Stresstest besitzt - nach Feststellungen der SMA - anscheinend erhebliche Mängel. Er kann also zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt und deshalb nicht offiziell den Bürgern präsentiert werden.

Nach Aussagen von Herrn Geissler selbst wurden die Gegner, unter Missachtung der Festlegungen in der Schlichtung, nicht im ausreichenden Maße am Stresstest beteiligt.

Der Ministerpräsident könnte deshalb feststellen, dass die Präsentation am Freitag absolut nicht zur Befriedung der Bürgerschaft geeignet scheint und bittet alle Anwesenden, die Zeit dafür zu nutzen, die kritischen Argumente der Gegner im Detail zu diskutieren und wenn möglich, befriedigende Antworten und Maßnahmen dafür schnellstens festzuschreiben. Die "Stresstest-Präsentation" darf nicht der Startschuss für den (derzeit bereits in Vorbereitung befindlichen) Abriss des Südflügels während der Sommerferien bedeuten!

Mit besten Grüßen

 

Angelika Asseburg
Dipl. Ing. Freie Architektin

Sprecherin des Arbeitskreis
„ArchitektInnen für K21“

Peter Dübbers
Dipl. Ing. Freier Architekt

Engelbert Rolli
Dipl. Ing. Stadtplaner