STUTTGART-21 - FREIBRIEF ZUR STADTZERSTÖRUNG?
Stuttgart 21 steht vor der Tür. Die zerstörenden Vorbereitungen laufen. Es scheint den verantwortlichen Politikern und Planern immer noch nicht klar zu sein, welche verheerenden Folgen dieses Projekt für die Zukunft unserer Stadt haben wird. Unsere Stadt wird einen radikalen Eingriff in ihre kulturelle, historische, räumliche, atmo- sphärische Grundsubstanz erfahren wie vor Jahrzehnten durch die stadtzerstörenden Stadtautobahnen, die brutal durch das gewachsene Gefüge der Stadt geschla- gen wurden. Es darf keiner später behaupten, niemand habe auf die desaströsen Folgen von S21 mit aller Deutlichkeit hingewiesen. Es wird behauptet, die Mehrheit der BürgerInnen wolle dies, durch die Volksabstimmung. Doch das ist nicht wahr, die Mehrzahl der BürgerInnen konnte nicht wissen, dass sie mit ihrem Nein eine Zerstörungsorgie in Gang setzen würden. Darum, ehe es zu spät ist, fragen wir noch einmal: Wollen wir dies tatsächlich?
Wollen wir, dass der Gründungsbereich Stuttgarts zwischen Schloss und Mittlerem Schlossgarten, zwischen Weinbergen und Uhlandshöhe, wo die sieben Schichten unserer Geschichte übereinander liegen, dieses einmalige Kulturgut aufgeschlitzt, zerstört wird, dieses Kulturgut in Aushub verwandelt wird?
Wollen wir, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof, eines der wenigen "Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung", international anerkanntes Wahrzeichen der Stadt, seiner Flügelbauten und wesentlicher Innenelemente beraubt und verstümmelt wird und wie eine vergrößerte S-Bahnstation in den Untergrund verlegt wird, dass man die Stadt rascher durchqueren und verlassen kann ?
Wollen wir, dass die großzügigen, einmaligen königlichen Parkanlagen vom Zentrum der Stadt bis zum Neckar, an ihrer empfindlichsten Stelle quer zum Tal auf- geschlitzt, durch eine über 10 Meter aufgewölbte baumlose Mondlandschaft mit riesigen Glubschaugen und durch die Fällung Hunderter jahrhundertalter histori- scher Bäume zerstört werden?
Wollen wir, dass die Ankunft in Stuttgart mit dem großartigen Blick auf Stadt, Park und Weinberge zugunsten einer Ankunft nach kilometerlanger Tunnelfahrt im Keller aufgegeben werden soll? Stuttgart sich nur noch durch Beschriftung zu erkennen gibt?
Wollen wir, dass die Lebensadern der Stadt Stuttgart durch massive Eingriffe in die Ökologie, die Natur und Ressourcen des Talkessels, die Kaltluftströme, die Grundwasserströme, die Mineralquellen gefährdet und versiegen werden und damit die Stadt nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihren Ruf als Park-, Garten- und Bäderstadt verliert?
Wollen wir, dass eine trostlose "neue City/Innenstadt" jenseits des Bahnhofs die "alte City/Innenstadt" infrage stellt?
Wollen wir, dass durch ein Projekt längst überholten Fortschrittsglaubens des 19. Jahrhunderts, das den Fortschritt nach Minuten zählt, die Chance verhindert wird mit dem modernisierten Kopfbahnhof 21 eine stadtschonende, zeitangemessene, und finanziell weitaus günstigere Alternativlösung zu erhalten? Diese Art von Fortschritt ist mit einem hohen Verlust von Lebensqualität verbunden.
Wollen wir unseren Kindern und Enkeln außer einer jahrzehntelangen hässlichen Baustelle dieses Zeugnis einer technokratischen Gedanken- und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Stadt- und Baukultur, einen solchen Akt von kultureller Barbarei und Selbstzerstörung hinterlassen?
In den vergangenen Jahrzehnten wurde alles getan, große Teile des „begehbaren Gedächtnisses“ der Stadt zu beseitigen. Jetzt ist man dabei mit S21 weitere Reste stuttgart-typischer Stadtsubstanz, des Charakters, der Individualität, der Identität der Stadt, ja ihre Seele zu zerstören. Ein gigantischer, nicht wieder gut zu machender Schwabenstreich und Verlust an Stadtkultur, den sich Politiker und Ingenieure ausgedacht haben.
Die Stadt gehört den Menschen, den BürgerInnen, die hier leben, die sie besuchen. Wir lassen uns unser Gedächtnis, unsere Stadt, unsere Welt, unseren Lebensraum nicht rauben, wir verteidigen gemeinsam diese Werte.
Wir geben die Hoffnung nicht auf wie einen Brief ohne Adresse. Selten kommt der Moment, in dem wir all den großen Erwartungen gerecht werden müs- sen, die man an sich selbst und an die Menschen in dieser Stadt stellt. Dies ist einer dieser seltenen Momente .Dieser Verantwortung und Verpflichtung stellen wir uns, unseren Kindern und Kindeskindern zuliebe
Bürgerinnen und Bürger, schaut auf Eure Stadt.
Günter Agthe, Angelika Asseburg, Prof.Dr.h.c. Max Bächer †, Prof. Dr. Elisabeth Walther-Bense, Dieter Benz, Claudia Betke, Wilfried Biesler, Hans Billinger, Thomas Bock, Prof. Karl-Dieter Bodack, Dr. Ulrich Börngen, Norbert Bongartz, Erika Borst, Peter Borst, Anette Brand, Dr. Judith Breuer, Petra Bulla, Dorle und Peter Buohler, Prof.Bertold Burkhardt, , Siegfried Busch, Maria Decker, Ulrich Decker, Evalotte Decker, Lieselotte Decker, Caspar Decker, Frank Distel, Prof. Annegret Droste, Peter Dübbers, Knud Ehrentraut, Karl Ehrhardt, Claudia Eisele, Inge Ellsässer, Prof.Peter Faller, Hans-Hermann Fiese, Thomas Fütterer, Prof. Dr. Dr.h.c.Karl Ganser, Dr. Helmut Gerber, Wolfgang Gaehr. Karsten Gierss, Prof.Dr.Sylvia Greiffenhagen, Thomas Graf, Peter Grohmann, Uli Gsell, Prof. Cordula Güdemann, Harald Gutsch, Rose Hajdu, Ulrich Hangleiter, Dr. Liesel Hartenstein, Dr. Elisabeth Heim, Christian Heim, Kurt Hellinger. Holger Hendel, Klaus Honold, Egon Hopfenzitz, Siegfried Geißel, Dr. Marc Hirschfell, Hermann Höhne, Hilde Hoschek, Andreas Hubler, Gerhard Hütter, Dr.Christian Joppe, Hannelore Jouly, Peter Jung, Nana Just, Tilo Kabel, Joachim Kalka, Prof. Christian Kandzia, H.W.Kastner, Dr.Georg Kees, Andreas Kegreiß, Dr. Georg Friedrich Kempter, Dorothee Keuerleber, Armin Kilgus, Günter Klepser, Dorothee Knaupp, Birgit Knopp, Eberhard Kögel, Sigrid Körner, Dr. D. Kreidt, Bernhard Kreuzer, Kurt Kühfuß, Wolfgang Kuebart, Prof. Klaus Lehmann, Dr. Eisenhart und Gesine von Loeper Dr.Katalin Maiwes, Dr. Hubertus Maiwes, Uwe Mannke, Genia Marohn, Elke Martin, Attila Medgyesi, Gerda Müller, Ulrich und Reinhilde Noll, Nora Krehl-von Mühlendahl, Guntrun Müller-Ensslin, Christa und Wolfgang Munkert, Maria Munkert, Konrad Nestle, Wendelin Niedlich, Gottfried Ohnmacht-Neugebauer, Alfred Pantel, Daniela Protzer, Dr. Pump-Uhlmann, Dr. Gerhard Raff, Dieter Reicherter, Heinz Reinboth, Klaus Riedel, Fritz Röhm, Beate Roller, Dieter Rominger-Seyrich, Dr. Matthias Roser, Cordula Rensch, Dr. Lerke von Saalfeld, Franziska Schäfer, Dr.Hartmut Schäfer, Andreas Schairer, Charlotte Schinlauer, Prof.Dr.Hannelore Schlaffer, Cornelie Schmid, Hermann Schmid, Fridtjof Schmidt-Eisenlohr, Ulrike Schömer, Eberhard Scholz, Werner Schretzmeier, Dr.Jürgen Schürholz, Prof. Karl-Henning Seemann, Tatjana Seehoff, Dr.Michael Seehoff, Janina von Seydlitz-Kurzbach, Jochen Siegel, Walter Sittler, Helmut Sommer, Prof.Dr.Klaus Staeck, Heinrich Steinfest, Dr. Wolfgang Sternstein, Gangolf Stocker, Petra Stojanik, Bernd Stolz, Hildegard Strähle, Christoph Strecker, Dankwart Student, Gabriele Uhlmann, Dr. Freerk Valentien, Rita Vogel, Brigitte Dürr-Voss, Prof. Gerhard Voss, Judith Vowinkel, Prof.Arno Votteler, Ulrike Walder, Prof.Carlo Weber, Dr. Margret Weber-Reich, Prof. Frank Werner, Sybille und Hans Wezel, Ines Wiedemann, Josef Wiest, Matthias Witte, Sabine Witteborg, Dr.Nika Witteborg-Erdmann, Rainer Wochele, Beate Würtele, Almut Ziegler, Axel Zimmermann, Joseph Zöttler, Hermann Zoller.
und viele weitere Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger.
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